Vom Plenarsaal zum „Ratsherrensaal“ und zurück
Psst: Heute sieht der Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft wieder fast so aus wie er vor 125 Jahren gebaut wurde. Doch auch an den alten Holzbänken ist die Geschichte nicht spurlos vorbeigegangen.
Der Plenarsaal im Hamburger Rathaus ist in ein Symbol der Demokratie: Im Halbrund mit leicht aufsteigender Bestuhlung sitzen die Abgeordneten in ihren Fraktionen zusammen. Der gemeinschaftliche Blick geht nach vorne zum Redepult und zum Präsidium, das die Sitzung leitet. Eine Anordnung, wie man sie auch in jedem anderen Landtag, dem Bundestag bis hin zum Europaparlament findet. Kaum vorstellbar, dass das mal anders war.
NS-Zeit: Demokratie wurde abgeschafft
Zu NS-Zeiten wurde das Recht offen zu sprechen und seine Meinung darzulegen, abgeschafft. Anfang März 1933 wählte die Bürgerschaft einen neuen Senat mit zwölf Senatoren von denen die Hälfte Mitglieder der NSDAP waren oder von dieser gestellt wurden. Mit dem Gesetz der „Gleichschaltung der Länder“ vom 31. März 1933 wurden alle Landesparlamente entsprechend der Stimmverteilung der Reichstagswahl vom 5. März gebildet, sodass die NSDAP die Macht übernehmen konnte.
Nachdem die Bürgerschaft noch drei Mal tagte, wurde sie am 14. Oktober 1933 - wie die anderen deutschen Landesparlamente - aufgelöst und die Funktionen an die Regierung übertragen. Das Parlament verlor seine Funktion, da neben der NSDAP ohnehin keine andere Partei mehr existieren durfte. Das war das Ende der parlamentarischen Demokratie bis 1946. In Hamburg änderte sich auch die Einrichtung des Plenarsaals.
13 Jahre „Ratsherrensaal“
Ein für die parlamentarische Demokratie gedachter Plenarsaal passte nicht mehr zur Gesinnung der NS-Zeit. Kurzerhand wurde er 1937 zum sogenannten „Ratsherrensaal“ umgestaltet. Der Fußboden wurde geebnet, die in Sektoren geteilte Sitzbänke der Abgeordneten mussten einer Tischaufstellung in U-Form weichen und auch das Rednerpult verschwand.
Erst 1950, fünf Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus, wurde der Plenarsaal wieder in seine ursprüngliche Form gebracht. Bis heute versprüht der Plenarsaal seinen historischen Charme und ist bis auf ein paar Modernisierungen und barrierefreie Umbauten (wie z.B. ein stufenlos zugängliches und höhenverstellbares Redepult) noch immer der alte.